2011
Ein Jahr der Abweichungen und Extreme
Nach den ständigen Wetterschwankungen im Jahr 2011 hat eine bekannte Internet-Meteoseite geschrieben: “Italien, immer öfter das Land der Extreme“, als ob der Wechsel von, für die Jahreszeit ungewöhnlicher Wärme zu frühzeitiger Kälte und umgekehrt, etwas sei, an das wir uns gewöhnen sollten und dass wir uns auch damit abfinden müssen, in eine neue klimatische Phase eingetreten zu sein, in der die Extreme zur Normalität geworden sind.
Auch wenn das leicht durch ein nächstes Jahr der “extremen Normalität“ widerlegt werden könnte, kann man dennoch das agrar-meteorologische Jahr 2011 in 4 klimatische Abweichungen einteilen:
1. sehr heißer April, fast wie im Jahr 2003
2. April und Mai, noch nie so wenig Regen
3. Juli und erste Augustwoche, noch so kalt
4. letzte Augustwoche und September, noch nie so warm
Das “nie“ bedeutet, dass man Perioden mit diesen Besonderheiten seit langem oder seit menschlicher Erinnerung nicht mehr verzeichnete (zum Beispiel, neue Spitzentemperatur im April seit mehr als 200 Jahren, oder Temperaturen im September, die es seit 1895 nicht mehr gegeben hat und die höher waren, als die Temperaturen im Juli usw).
Im Einzelnen kann man das klimatische Jahr 2011 für Langa und Roero so zusammenfassen:
• der Winter verläuft relativ trocken und mit geringem Niederschlag, sowohl hinsichtlich der Schnee- als auch der Regenfälle;
• im März regnet es doppelt so viel wie 2009 und 2010, mit ziemlich hohen Durchschnittstemperaturen. Ab Ende März, selten in diesem Monat erreichte Temperaturen, die einen schnellen Austrieb und in der Folge ein unglaubliches Sprossenwachstum für die Jahreszeit verursachen;
• im April und Mai regnet es sehr wenig (3mm im Mai in Monforte d’Alba), mit Temperaturen sehr hoch im April, außergewöhnlich höher als der Jahreszeitendurchschnitt (in der ersten Aprilwoche ist es so heiß, dass man von einem “falschen Sommer“ spricht). Am 9.-10. Mai beginnt bereits die Blüte am Nebbiolo, und am 17.–20. der Fruchtansatz, 15 Tage früher im Vergleich zu 2010;
• im Juni, vor allem in der ersten Woche, regnet es wieder, keine hohen Durchschnittstemperaturen, deshalb verläuft das vegetative Wachstum der Rebe so, dass man am Monatsende in den herausragenden Gebieten bereits die ersten geröteten Trauben am Dolcetto sehen kann, es bleibt bei einer frühzeitigen phänologischen Ausbildung;
• im Juli und in der ersten Augustwoche verzeichnet man einen andauernden und deutlichen Temperaturabfall mit geringen Niederschlägen, jedoch ohne Verlangsamung des Vegetationszyklus der Rebe. Die Rötung beginnt einheitlich in der ersten Juliwoche und führt zu einer vollständigen Färbung der ausgedünnten Trauben bis zum Monatsende;
• in der zweiten und dritten Augustwoche ansteigend hohe Temperaturen, dadurch schnellere Reifung der Trauben, was vor dem Monatsende zu einem Beginn der Weinlese der frühen Sorten zwingt, um einen zu starken Alkoholgehalt zu vermeiden;
• im September regnet es sehr wenig und die Temperaturen bleiben den ganzen Monat über außergewöhnlich hoch, dadurch kann die Weinlese im ersten Teil des Monats nur morgens durchgeführt werden. Die Ernte des Barbera beginnt ab der zweiten Septemberwoche, die des Nebbiolo ab der dritten Woche, bis zum Monatsende wird die Ernte abgeschlossen.
Ende September erreicht die Wärmesumme (Summe der Grade der täglichen Durchschnittstemperaturen über 10˚C) Werte von 1830˚ in Monforte und La Morra, bis zu 2000 und mehr in Barbaresco und vor allem in Serralunga, es werden 250-400 Grad mehr gemessen im Vergleich zu 2010 und das trotz der Kühle im Juli und Anfang August. Folglich ein sehr frühes und warmes Jahr, mit geringen Erträgen im Weinberg und in der Kellerei, vergleichbar mit anderen warmen Jahren wie 1997, 2003 (teilweise), 2007 und 2009, in denen nur in gut bearbeiteten Weinbergen mit nicht übermäßiger Ausdünnung und Entlaubung, Trauben mit perfekter phänologischer Reifung und nicht übermäßigem Alkoholgehalt geerntet werden konnten.
2011 wird die intensive Wärme jedoch nur am Ende der Jahreszeit gemessen und genau hier liegt auch die Abweichung von den anderen o.g. Jahren, deshalb ist es auch vielleicht eher mit anderen Jahren zu vergleichen, wie etwa 1996.
Wie immer ist der Nebbiolo die einzige Sorte, die keine Probleme mit der übermäßigen Wärme gezeigt hat (Verbrennungen durch die Sonne und Austrocknung), er entwickelte Trauben mit hochqualitativen Tanninen und Anthocyanen (Pflanzenfarbstoffe), verbunden mit bemerkenswerten Säure und Aromenfülle.